intellectus

Begriffserklärung:

intellectus kann 1. den gesamten vernünftigen Teil der Seele (gr. nous) bezeichnen im Sinne von anima intellectiva und äquivalent zu mens. (Sth I q76 a1 c: “intellectus sive anima intellectiva est forma corporis“). Diesen integrale Begriff von intellectus übersetzen wir in der Regel mit Vernunft.

Sodann 2. bezeichnet intellectus spezifisch den höheren Teil des vernünftigen Seelenvermögens, den Verstand (intellectus), der die Prinzipien intuitiv erfasst, und rein Geistiges erkennt, im Unterschied zur Vernunft (ratio), dem niederen Teil, der diskursiv erkennt und an die Materialität der Erkenntnisgegenstände gebunden ist (Sth I q58 a4; q85 a5 c). Wir übersetzen – anders als der Sprachgebrauch der deutschen Terminologiesprache nach Kant – in dieser Gegenüberstellung intellectus mit Verstand und ratio mit Vernunft, da für Thomas der Mensch als „animal rationale“ sich durch die gebundene Vernunft auszeichnet; sein intellectus ist wesentlich eine ratio.

3. Quer zu dieser zweistufigen Einteilung liegt der Sprachgebrauch, der das integrale Vernunftvermögen zum einen als rezeptiv und aufnehmend, zum anderen als aktiv und hervorbringend bezeichnet, nämlich als passiven Intellekt oder Intellekt in Möglichkeit (intellectus possibilis) oder als aktiver Intellekt (intellectus agens). Für Thomas sind aktiver und passiver Intellekt zwei Seiten ein und desselben Vermögens (Sth I q79 a2-5).

4. In der Gegenüberstellung von intellectus speculativus und intellectus practicus (Sth I q79 a 11; Sth I-II, q94 a2 c) wiederum die theoretische und auf die praktische Ausrichtung des gesamten Vernunftvermögens angesprochen. Daher folgen wir dem modernen Sprachgebrauch und sprechen von theoretischer und praktischer Vernunft.

Vergleiche: