Summa Theologiae

Summa Theologiae

Summa Theologiae – Prima Pars

Summa Theologiae – Prima Pars

Quaestio 2

De Deo, an Deus sit

Quaestio 2

Über Gott. Ob Gott ist.
Übersetzt von: Übersetzungswerkstatt

Quia igitur principalis intentio huius sacrae doctrinae est Dei cognitionem tradere, et non solum secundum quod in se est, sed etiam secundum quod est principium rerum et finis earum, et specialiter rationalis creaturae, ut ex dictis est manifestum; ad huius doctrinae expositionem intendentes, primo tractabimus de Deo; secundo, de motu rationalis creaturae in Deum; tertio, de Christo, qui, secundum quod homo, via est nobis tendendi in Deum.

Weil es nun die vorzügliche Absicht dieser heiligen Lehre ist, das Wissen über Gott zu vermitteln, nicht nur insofern er in sich selbst ist, sondern auch insofern er das Prinzip und Ziel der Dinge ist und spezifischer der vernünftigen Kreatur, wie es aus dem Gesagten (q1a7) hervorgeht. Dazu wollen wir in unserer Absicht, diese Lehre darzulegen, zuerst von Gott handeln, zweitens von der Bewegung der vernünftigen Kreatur auf Gott zu und drittens von Christus, der, insofern er Mensch ist, unser Weg ist, zu Gott zu streben.

Consideratio autem de Deo tripartita erit. Primo namque considerabimus ea quae ad essentiam divinam pertinent; secundo, ea quae pertinent ad distinctionem personarum; tertio, ea quae pertinent ad processum creaturarum ab ipso.

Die Betrachtung Gottes aber wird dreigeteilt sein. Zum Ersten betrachten wir das, was zum göttlichen Wesen gehört, zum Zweiten das, was zur Unterscheidung der Personen gehört, zum Dritten das, was zum Hervorgehen der Kreatur von Gott gehört.

Circa essentiam vero divinam, primo considerandum est an Deus sit; secundo, quomodo sit, vel potius quomodo non sit; tertio considerandum erit de his quae ad operationem ipsius pertinent, scilicet de scientia et de voluntate et potentia.

Hinsichtlich des göttlichen Wesens ist nun zunächst zu erwägen, ob Gott ist, zweitens, wie er ist oder besser wie er nicht ist, drittens das, was zu seiner Tätigkeit gehört, nämlich sein Wissen, sein Willen und seine Macht.

Circa primum quaeruntur tria.

  • Primo, utrum Deum esse sit per se notum.
  • Secundo, utrum sit demonstrabile.
  • Tertio, an Deus sit.

Zum ersten behandeln wir drei Fragen:

  1. Ist es von sich aus bekannt, dass Gott ist?
  2. Ist Gott beweisbar?
  3. Ist Gott?

Articulus 1

Utrum Deum esse sit per se notum

Artikel 1

Ist es von sich aus bekannt, dass Gott ist?

Ad primum sic proceditur. Videtur quod Deum esse sit per se notum. Illa enim nobis dicuntur per se nota, quorum cognitio nobis naturaliter inest, sicut patet de primis principiis. Sed, sicut dicit Damascenus in principio libri sui, omnibus cognitio existendi Deum naturaliter est inserta. Ergo Deum esse est per se notum.

1. Es scheint so, dass Gott von sich aus bekannt ist. Dasjenige nämlich nennen wir „durch sich bekannt“ genannt, dessen Erkenntnis uns auf natürliche Weise innewohnt, wie es etwa für die ersten Prinzipien offenkundig ist. Wie aber Johannes Damascenus (expos. fid. I, 1; 3) zu Beginn seines Buches sagt, ist allen die Erkenntnis, dass Gott existiert, von Natur aus eingegeben. Folglich ist es von sich aus bekannt, dass Gott ist.

Praeterea, illa dicuntur esse per se nota, quae statim, cognitis terminis, cognoscuntur, quod Philosophus attribuit primis demonstrationis principiis, in I Poster., scito enim quid est totum et quid pars, statim scitur quod omne totum maius est sua parte. Sed intellecto quid significet hoc nomen Deus, statim habetur quod Deus est. Significatur enim hoc nomine id quo maius significari non potest, maius autem est quod est in re et intellectu, quam quod est in intellectu tantum, unde cum, intellecto hoc nomine Deus, statim sit in intellectu, sequitur etiam quod sit in re. Ergo Deum esse est per se notum.

2. Jenes wird „von sich aus bekannt“ genannt, was sofort erkannt wird, wenn die Begriffe erkannt worden sind, was der Philosoph den ersten Beweisprinzipien im ersten Buch der Zweiten Analytiken (An. post. I 3, 72b18) zuerkennt. Denn wenn man etwa weiß, was das Ganze und was ein Teil ist, weiß man sofort, dass jedes Ganze größer ist als sein Teil. Wenn man nun versteht, was der Name „Gott“ bedeutet, begreift man sofort, was Gott ist. Dieser Name wird nämlich bezeichnet als das, über das hinaus nichts Größeres genannt werden kann. Größer aber ist, was in Wirklichkeit und im Intellekt ist, als das, was nur im Intellekt ist. Wenn man den Namen Gott versteht und er sofort im Intellekt ist, folgt deshalb auch, dass er in Wirklichkeit ist. Folglich ist es von sich aus bekannt, dass Gott ist.

Praeterea, veritatem esse est per se notum, quia qui negat veritatem esse, concedit veritatem esse, si enim veritas non est, verum est veritatem non esse. Si autem est aliquid verum, oportet quod veritas sit. Deus autem est ipsa veritas, Ioann. XIV, ego sum via, veritas et vita. Ergo Deum esse est per se notum.

3. Dass es Wahrheit gibt, ist durch sich bekannt. Denn wer leugnet, dass es Wahrheit gibt, setzt voraus, dass es Wahrheit gibt. Wenn es nämlich keine Wahrheit gibt, dann ist es wahr, dass es Wahrheit nicht gibt. Wenn aber etwas wahr ist, muss es auch Wahrheit geben. Gott aber ist die Wahrheit selbst. Denn in Johannes 14 (Joh 14,6) heißt es: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Folglich ist es von sich aus bekannt, dass Gott ist.

Sed contra, nullus potest cogitare oppositum eius quod est per se notum, ut patet per Philosophum, in IV Metaphys. et I Poster., circa prima demonstrationis principia. Cogitari autem potest oppositum eius quod est Deum esse, secundum illud Psalmi LII, dixit insipiens in corde suo, non est Deus. Ergo Deum esse non est per se notum.

Dagegen: Niemand kann das Gegenteil von dem denken, was von sich aus bekannt ist, wie es aus durch den Philosophen im vierten Buch der Metaphysik (Met. III 3, 1005b11) und dem ersten Buch der Zweiten Analytiken (An. post. I 10, 76b23) in Bezug auf die ersten Beweisprinzipien hervorgeht. Das Gegenteil dessen, dass Gott ist, kann man aber denken laut Psalm 52 (Ps 52,1): Es sagt der Tor in seinem Herzen, dass Gott nicht ist. Folglich ist es nicht von sich aus bekannt, dass Gott ist.

Respondeo dicendum quod contingit aliquid esse per se notum dupliciter, uno modo, secundum se et non quoad nos; alio modo, secundum se et quoad nos. Ex hoc enim aliqua propositio est per se nota, quod praedicatum includitur in ratione subiecti, ut homo est animal, nam animal est de ratione hominis. Si igitur notum sit omnibus de praedicato et de subiecto quid sit, propositio illa erit omnibus per se nota, sicut patet in primis demonstrationum principiis, quorum termini sunt quaedam communia quae nullus ignorat, ut ens et non ens, totum et pars, et similia. Si autem apud aliquos notum non sit de praedicato et subiecto quid sit, propositio quidem quantum in se est, erit per se nota, non tamen apud illos qui praedicatum et subiectum propositionis ignorant. Et ideo contingit, ut dicit Boetius in libro de hebdomadibus, quod quaedam sunt communes animi conceptiones et per se notae, apud sapientes tantum, ut incorporalia in loco non esse.

Antwort: Etwas kann auf zweifache Weise von sich aus bekannt sein. Einmal an sich und nicht in Bezug auf uns, auf die andere Weise an sich und mit Bezug auf uns. Deshalb nämlich ist ein Satz von sich aus bekannt, da sein Prädikat in der Bedeutung des Subjekts enthalten ist, wie dass der Mensch ein Lebewesen ist. Denn Lebewesen ist im Begriff des Menschen enthalten. Wenn also allen bekannt ist, was das Prädikat und das Subjekt ist, dann wird jener Satz allen von sich aus bekannt sein. So zeigt es sich etwa bei den ersten Beweisprinzipien, deren Begriffe gleichsam etwas Gemeinsames sind, das niemand nicht kennt, wie etwa Seiendes und Nichtseiendes, Ganzes und Teil, und Ähnliches. Wenn aber bei einigen Prädikat und Subjekt nicht bekannt sind, dann ist der Satz freilich, insofern er an sich ist, von sich aus bekannt, nicht aber für jene, die Prädikat und Subjekt des Satzes nicht kennen. Und deshalb kann Boethius im Buch Über die Hebdomaden (De Hebdom.) sagen, dass es gewisse allgemeine und von sich aus bekannte Begriffe der Seele gibt, und zwar nur bei den Weisen, wie dass Unkörperliches nicht im Raum ist.

Dico ergo quod haec propositio, Deus est, quantum in se est, per se nota est, quia praedicatum est idem cum subiecto; Deus enim est suum esse, ut infra patebit. Sed quia nos non scimus de Deo quid est, non est nobis per se nota, sed indiget demonstrari per ea quae sunt magis nota quoad nos, et minus nota quoad naturam, scilicet per effectus.

Ich sage also, dass dieser Satz „Gott ist“, insofern er an sich ist, von sich aus bekannt ist, weil das Prädikat mit dem Subjekt identisch ist. Gott nämlich ist sein Sein, wie später (q3a4) offenkundig wird. Aber weil wir von Gott nicht wissen, was er ist, ist er uns nicht von sich aus bekannt, sondern bedarf des Beweises durch das, was uns mehr bekannt ist und weniger bekannt von Seiten der Natur, nämlich durch die Wirkungen.

Ad primum ergo dicendum quod cognoscere Deum esse in aliquo communi, sub quadam confusione, est nobis naturaliter insertum, inquantum scilicet Deus est hominis beatitudo, homo enim naturaliter desiderat beatitudinem, et quod naturaliter desideratur ab homine, naturaliter cognoscitur ab eodem. Sed hoc non est simpliciter cognoscere Deum esse; sicut cognoscere venientem, non est cognoscere Petrum, quamvis sit Petrus veniens, multi enim perfectum hominis bonum, quod est beatitudo, existimant divitias; quidam vero voluptates; quidam autem aliquid aliud.

Zu 1: Im Allgemeinen und mit einer gewissen Unklarheit zu wissen, dass Gott ist, ist uns von Natur aus eingegeben, insofern nämlich Gott die Glückseligkeit des Menschen ist. Denn der Mensch ersehnt von Natur aus die Glückseligkeit und was vom Menschen von Natur aus ersehnt wird, wird von ihm von sich aus auf natürliche Weise erkannt. Das bedeutet aber nicht einfach, zu erkennen, dass Gott ist; so wie einen Kommenden zu erkennen, nicht bedeutet, Petrus zu erkennen, obwohl Petrus der Kommende ist. Viele nämlich halten Reichtum für das vollkommene Gut des Menschen, das die Glückseligkeit ist, andere aber die Lust, wieder andere aber etwas anderes.

Ad secundum dicendum quod forte ille qui audit hoc nomen Deus, non intelligit significari aliquid quo maius cogitari non possit, cum quidam crediderint Deum esse corpus. Dato etiam quod quilibet intelligat hoc nomine Deus significari hoc quod dicitur, scilicet illud quo maius cogitari non potest; non tamen propter hoc sequitur quod intelligat id quod significatur per nomen, esse in rerum natura; sed in apprehensione intellectus tantum. Nec potest argui quod sit in re, nisi daretur quod sit in re aliquid quo maius cogitari non potest, quod non est datum a ponentibus Deum non esse.

Zu 2: Womöglich versteht derjenige, der den Namen Gott hört, dass er etwas bezeichnet, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, weil manche glauben, dass Gott ein Körper sei. Zugegeben auch, dass jeder versteht, was mit diesem Namen Gott bezeichnet wird, nämlich dasjenige, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, folgt dennoch deswegen nicht, dass er versteht, dass das, was durch den Namen bezeichnet wird, in Wirklichkeit ist, sondern nur, soweit es der Intellekt erfasst. Auch kann nicht argumentiert werden, dass er in Wirklichkeit ist, wenn nicht zugegeben würde, dass etwas in Wirklichkeit existiert, über das Größeres nicht gedacht werden kann, was nicht zugegeben wird von denen, die behaupten, dass Gott nicht ist.

Ad tertium dicendum quod veritatem esse in communi, est per se notum, sed primam veritatem esse, hoc non est per se notum quoad nos.

Zu 3: Dass die Wahrheit im Allgemeinen existiert, ist von sich aus bekannt, aber dass es eine erste Wahrheit gibt, ist nicht von sich aus für uns bekannt.

Articulus 2

Utrum Deum esse sit demonstrabile

Artikel 2

Ist es beweisbar, dass Gott ist?

Ad secundum sic proceditur. Videtur quod Deum esse non sit demonstrabile. Deum enim esse est articulus fidei. Sed ea quae sunt fidei, non sunt demonstrabilia, quia demonstratio facit scire, fides autem de non apparentibus est, ut patet per Apostolum, ad Hebr. XI. Ergo Deum esse non est demonstrabile.

1. Es scheint so, dass es nicht beweisbar ist, dass Gott ist. Dass Gott ist, ist nämlich ein Glaubensartikel. Doch das, was Sache des Glaubens ist, ist nicht beweisbar. Denn der Beweis schafft Wissen, der Glaube bezieht sich aber auf das, was nicht in Erscheinung tritt, wie es durch den Apostel im Brief an die Hebräer (Heb 11,1) deutlich wird. Folglich ist es nicht beweisbar, dass Gott ist.

Praeterea, medium demonstrationis est quod quid est. Sed de Deo non possumus scire quid est, sed solum quid non est, ut dicit Damascenus. Ergo non possumus demonstrare Deum esse.

2. Der Mittelbegriff eines Beweises ist dasjenige, was etwas ist. Jedoch können wir von Gott nicht wissen, was er ist, sondern nur, was er nicht ist, wie Johannes Damascenus (expos. fid. I, 4) sagt. Folglich können wir nicht beweisen, dass Gott ist.

Praeterea, si demonstraretur Deum esse, hoc non esset nisi ex effectibus eius. Sed effectus eius non sunt proportionati ei, cum ipse sit infinitus, et effectus finiti; finiti autem ad infinitum non est proportio. Cum ergo causa non possit demonstrari per effectum sibi non proportionatum, videtur quod Deum esse non possit demonstrari.

3. Wenn bewiesen würde, dass Gott ist, dann würde das durch nichts anderes als aus seinen Wirkungen geschehen. Jedoch stehen seine Wirkungen in keinem Verhältnis zu ihm, weil er selbst unendlich ist, seine Wirkungen aber endlich. Das Endliche steht aber in keinem Verhältnis zum Unendlichen. Da also eine Ursache nicht bewiesen werden kann durch eine Wirkung, die nicht zu ihr im Verhältnis steht, scheint es so, dass nicht bewiesen werden kann, dass Gott ist.

Sed contra est quod Apostolus dicit, ad Rom. I, invisibilia Dei per ea quae facta sunt, intellecta, conspiciuntur. Sed hoc non esset, nisi per ea quae facta sunt, posset demonstrari Deum esse, primum enim quod oportet intelligi de aliquo, est an sit.

Dagegen: Der Apostel sagt im Römerbrief I (Röm 1,20), dass das Unsichtbare an Gott durchschaut wird durch das, was geschaffen ist, nachdem es verstanden wurde. Aber dies könnte nicht sein, wenn nicht durch das, was geschaffen ist, bewiesen werden könnte, dass Gott ist. Denn das erste, was über etwas verstanden werden muss, ist, ob es ist.

Respondeo dicendum quod duplex est demonstratio. Una quae est per causam, et dicitur propter quid, et haec est per priora simpliciter. Alia est per effectum, et dicitur demonstratio quia, et haec est per ea quae sunt priora quoad nos, cum enim effectus aliquis nobis est manifestior quam sua causa, per effectum procedimus ad cognitionem causae. Ex quolibet autem effectu potest demonstrari propriam causam eius esse (si tamen eius effectus sint magis noti quoad nos), quia, cum effectus dependeant a causa, posito effectu necesse est causam praeexistere. Unde Deum esse, secundum quod non est per se notum quoad nos, demonstrabile est per effectus nobis notos.

Antwort: Ein Beweis erfolgt auf zwei Weisen. Einer erfolgt durch die Ursache und heißt „Warumbeweis“ (demonstratio propter quid), und dieser ist ein Beweis durch das schlechthin Frühere. Der andere Beweis ist derjenige durch eine Wirkung und heißt „Dassbeweis“ (demonstratio qia), und dieser ist durch das, was für uns früher ist. Wenn uns nämlich eine Wirkung bekannter ist als ihre Ursache, dann schreiten wir durch die Wirkung zur Erkenntnis der Ursache voran. Aus jeder beliebigen Wirkung aber kann bewiesen werden, dass ihre eigentümliche Ursache existiert (wenn doch ihre Ursachen und bekannter sind), weil es, da die Wirkungen von der Ursache abhängen, unter Annahme einer Wirkung notwendig ist, dass eine Ursache zuvor existiert. Dass Gott ist, ist daher, sofern er für uns nicht von sich aus bekannt ist, beweisbar durch die uns bekannten Wirkungen.

Ad primum ergo dicendum quod Deum esse, et alia huiusmodi quae per rationem naturalem nota possunt esse de Deo, ut dicitur Rom. I, non sunt articuli fidei, sed praeambula ad articulos, sic enim fides praesupponit cognitionem naturalem, sicut gratia naturam, et ut perfectio perfectibile. Nihil tamen prohibet illud quod secundum se demonstrabile est et scibile, ab aliquo accipi ut credibile, qui demonstrationem non capit.

Zu 1: Dass Gott ist und andere Dinge dieser Art, die durch die natürliche Vernunft von Gott bekannt sein können, wie es in Römer I (Röm 1,19) heißt, sind nicht Artikel des Glaubens, sondern Voraussetzungen für diese. So nämlich setzt der Glaube die natürliche Erkenntnis voraus, wie die Gnade die Natur und die Vervollkommnung das, was vervollkommnet werden kann. Dennoch steht dem nicht im Wege, dass jenes, sofern es an sich beweisbar und wissbar ist, von jemandem als zu Glaubendes aufgefasst werden kann, der den Beweis nicht versteht.

Ad secundum dicendum quod cum demonstratur causa per effectum, necesse est uti effectu loco definitionis causae, ad probandum causam esse, et hoc maxime contingit in Deo. Quia ad probandum aliquid esse, necesse est accipere pro medio quid significet nomen non autem quod quid est, quia quaestio quid est, sequitur ad quaestionem an est. Nomina autem Dei imponuntur ab effectibus, ut postea ostendetur, unde, demonstrando Deum esse per effectum, accipere possumus pro medio quid significet hoc nomen Deus.

Zu 2: Wenn eine Ursache durch eine Wirkung bewiesen wird, ist es notwendig, die Wirkung an der Stelle der Definition der Ursache zu nutzen, um zu beweisen, dass es eine Ursache gibt. Und das trifft vor allem auf Gott zu. Weil es für den Beweis, dass etwas ist, notwendig ist, für den Mittelbegriff zu nehmen, was der Name bedeutet, nicht aber, was es ist. Denn die Frage, was es ist, folgt auf die Frage, ob es ist. Die Namen Gottes werden aber aus seinen Wirkungen übernommen, wie später (q13a1) gezeigt werden wird, weshalb wir, wenn über die Wirkung bewiesen werden soll, dass Gott ist, für den Mittelbegriff annehmen können, was der Name Gott bedeutet.

Ad tertium dicendum quod per effectus non proportionatos causae, non potest perfecta cognitio de causa haberi, sed tamen ex quocumque effectu potest manifeste nobis demonstrari causam esse, ut dictum est. Et sic ex effectibus Dei potest demonstrari Deum esse, licet per eos non perfecte possimus eum cognoscere secundum suam essentiam.

Zu 3: Durch Wirkungen, die nicht im Verhältnis zu ihrer Ursache stehen, kann man keine vollkommene Erkenntnis der Ursache haben. Jedoch kann uns aus einer beliebigen Wirkung handfest bewiesen werden, dass die Ursache ist, wie gesagt worden ist. Und so kann aus den Wirkungen Gottes bewiesen werden, dass es Gott gibt, wenn wir ihn auch über diese Wirkungen nicht vollkommen in seinem Wesen erkennen können.

Articulus 3

Utrum Deus sit

Artikel 3

Ist Gott?

Ad tertium sic proceditur. Videtur quod Deus non sit. Quia si unum contrariorum fuerit infinitum, totaliter destruetur aliud. Sed hoc intelligitur in hoc nomine Deus, scilicet quod sit quoddam bonum infinitum. Si ergo Deus esset, nullum malum inveniretur. Invenitur autem malum in mundo. Ergo Deus non est.

1. Es scheint so, dass Gott nicht ist. Denn wenn einer von zwei Gegensätzen unendlich wäre, würde der andere vollständig zerstört. Aber dies wird mit dem Namen Gott verstanden, nämlich dass er etwas unendlich Gutes sei. Wenn es Gott also gäbe, fände man nichts Böses. Man findet aber Böses in der Welt. Also gibt es Gott nicht.

Praeterea, quod potest compleri per pauciora principia, non fit per plura. Sed videtur quod omnia quae apparent in mundo, possunt compleri per alia principia, supposito quod Deus non sit, quia ea quae sunt naturalia, reducuntur in principium quod est natura; ea vero quae sunt a proposito, reducuntur in principium quod est ratio humana vel voluntas. Nulla igitur necessitas est ponere Deum esse.

2. Was durch eine geringere Anzahl an Prinzipien gedeckt werden kann, wird nicht durch mehrere gemacht. Aber es scheint so, dass alles, was in dieser Welt erscheint, durch andere Prinzipien gedeckt werden kann, vorausgesetzt dass Gott nicht ist. Denn das, was natürlich ist, wird auf ein Prinzip zurückgeführt, das die Natur ist. Das aber, was von einem Vorsatz herrührt, wird auf ein Prinzip zurückgeführt, das die menschliche Vernunft oder der menschliche Wille ist. Also besteht keine Notwendigkeit, zu behaupten, es gäbe Gott.

Sed contra est quod dicitur Exodi III, ex persona Dei, ego sum qui sum.

Dagegen: Es heißt in Exodus III (Ex 3,14) in der Person Gottes: Ich bin, der ich bin.

Respondeo dicendum quod Deum esse quinque viis probari potest.

Antwort: Dass Gott existiert, kann auf fünf Wegen gezeigt werden.

Prima autem et manifestior via est, quae sumitur ex parte motus. Certum est enim, et sensu constat, aliqua moveri in hoc mundo. Omne autem quod movetur, ab alio movetur. Nihil enim movetur, nisi secundum quod est in potentia ad illud ad quod movetur, movet autem aliquid secundum quod est actu. Movere enim nihil aliud est quam educere aliquid de potentia in actum, de potentia autem non potest aliquid reduci in actum, nisi per aliquod ens in actu, sicut calidum in actu, ut ignis, facit lignum, quod est calidum in potentia, esse actu calidum, et per hoc movet et alterat ipsum. Non autem est possibile ut idem sit simul in actu et potentia secundum idem, sed solum secundum diversa, quod enim est calidum in actu, non potest simul esse calidum in potentia, sed est simul frigidum in potentia. Impossibile est ergo quod, secundum idem et eodem modo, aliquid sit movens et motum, vel quod moveat seipsum. Omne ergo quod movetur, oportet ab alio moveri.

Der erste und ziemlich offenkundige Weg ist der, der von der Bewegung seinen Ausgang nimmt. Es ist nämlich gewiss und wird durch den Sinn bezeugt, dass etwas in dieser Welt bewegt wird. Alles aber, was bewegt wird, wird von einem anderen bewegt. Nichts aber wird bewegt, es sei denn, es ist in Möglichkeit zu demjenigen, auf das hin es bewegt wird. Es bewegt aber etwas, insofern es in Wirklichkeit ist. Bewegen nämlich ist nichts anderes als etwas von der Möglichkeit in die Wirklichkeit zu überführen. Von der Möglichkeit kann etwas nicht in die Wirklichkeit zurückgeführt werden, es sei denn durch irgendein in Wirklichkeit Seiendes, so wie das Warme in Wirklichkeit, nämlich das Feuer, das Holz, das der Möglichkeit nach warm ist, der Wirklichkeit nach warm macht und dadurch es selbst bewegt und verändert. Es ist aber nicht möglich, dass dasselbe zugleich in Möglichkeit und in Wirklichkeit in derselben Hinsicht ist, sondern nur in Hinblick auf Verschiedenes, weil nämlich das der Wirklichkeit nach Warme nicht zugleich der Möglichkeit nach warm sein kann, sondern es ist in gleicher Hinsicht der Möglichkeit nach kalt. Es ist daher unmöglich, in Bezug auf dasselbe und auf dieselbe Weise, dass etwas bewegend und bewegt ist, oder dass es sich selbst bewegt. Alles also, was bewegt wird, muss von einem anderen bewegt werden.

Si ergo id a quo movetur, moveatur, oportet et ipsum ab alio moveri et illud ab alio. Hic autem non est procedere in infinitum, quia sic non esset aliquod primum movens, et per consequens nec aliquod aliud movens, quia moventia secunda non movent nisi per hoc quod sunt mota a primo movente, sicut baculus non movet nisi per hoc quod est motus a manu.

Wenn also das, von dem etwas bewegt wird, bewegt wird, muss es auch selbst vom einem anderen und jenes von einem anderen bewegt werden. Hier aber gibt es kein Fortschreiten ins Unendliche, weil es auf diese Weise kein erstes Bewegendes gäbe, und folglich auch kein anderes Bewegendes, weil die zweiten Bewegenden nur bewegen durch etwas, das von einem erstem Bewegenden bewegt ist. So wie der Stock nur durch etwas bewegt, was eine von der Hand herrührende Bewegung ist.

Ergo necesse est devenire ad aliquod primum movens, quod a nullo movetur, et hoc omnes intelligunt Deum.

Also ist es notwendig, zu einem ersten Bewegenden hinzugelangen, das von keinem bewegt wird, und darunter verstehen alle Gott.

Secunda via est ex ratione causae efficientis. Invenimus enim in istis sensibilibus esse ordinem causarum efficientium, nec tamen invenitur, nec est possibile, quod aliquid sit causa efficiens sui ipsius; quia sic esset prius seipso, quod est impossibile.

Der zweite Weg nimmt seinen Ausgang vom Begriff der Wirkursache. Wir finden nämlich in den sinnlich wahrnehmbaren Dingen eine Ordnung der Wirkursachen vor, und dennoch findet man weder noch ist es möglich, dass etwas Wirkursache seiner selbst ist. Denn sonst wäre es früher als es selbst, was unmöglich ist.

Non autem est possibile quod in causis efficientibus procedatur in infinitum. Quia in omnibus causis efficientibus ordinatis, primum est causa medii, et medium est causa ultimi, sive media sint plura sive unum tantum, remota autem causa, removetur effectus, ergo, si non fuerit primum in causis efficientibus, non erit ultimum nec medium. Sed si procedatur in infinitum in causis efficientibus, non erit prima causa efficiens, et sic non erit nec effectus ultimus, nec causae efficientes mediae, quod patet esse falsum.

Es ist aber nicht möglich, dass bei Wirkursachen ins Unendliche fortgeschritten wird. Weil in allen geordneten Wirkursachen das erste die Ursache des Mittleren und das Mittlere die Ursache des Letzten ist, ob die Mittleren nun viele sind oder nur eines. Bei Entfernung der Ursache aber ist die Wirkung entfernt. Wenn es also kein Erstes gäbe in den Wirkursachen, gäbe es kein Letztes und kein Mittleres. Wenn aber bei den Wirkursachen ins Unendliche fortgeschritten wird, gäbe es keine erste Wirkursache. Und so gäbe es weder eine letzte Wirkung noch mittlere Wirkursachen, was offensichtlich falsch ist.

Ergo est necesse ponere aliquam causam efficientem primam, quam omnes Deum nominant.

Also ist es notwendig, eine erste Wirkursache anzunehmen, die alle Gott nennen.

Tertia via est sumpta ex possibili et necessario, quae talis est. Invenimus enim in rebus quaedam quae sunt possibilia esse et non esse, cum quaedam inveniantur generari et corrumpi, et per consequens possibilia esse et non esse.

Der dritte Weg stammt vom Möglichen und Notwendigen, und geht auf folgende Weise. Wir finden nämlich in der Wirklichkeit etwas, das möglich ist zu sein und nicht zu sein, weil wir vorfinden, dass es entsteht und vergeht und dass es folglich möglich ist zu sein und nicht zu sein.

Impossibile est autem omnia quae sunt, talia esse, quia quod possibile est non esse, quandoque non est. Si igitur omnia sunt possibilia non esse, aliquando nihil fuit in rebus. Sed si hoc est verum, etiam nunc nihil esset, quia quod non est, non incipit esse nisi per aliquid quod est; si igitur nihil fuit ens, impossibile fuit quod aliquid inciperet esse, et sic modo nihil esset, quod patet esse falsum. Non ergo omnia entia sunt possibilia, sed oportet aliquid esse necessarium in rebus.

Es ist aber unmöglich, dass alles, was ist, so beschaffen ist, weil, was möglich ist nicht zu sein, irgendwann nicht ist. Wenn also alles der Möglichkeit nach nicht ist, war irgendwann einmal nichts in Wirklichkeit. Aber wenn das wahr ist, wäre auch jetzt nichts, weil, was nicht ist, nur beginnen kann durch etwas, was ist. Wenn es also nichts Seiendes gab, dann wäre es unmöglich gewesen, dass etwas zu sein begonnen hätte. Und auf diese Weise wäre nichts, was offenkundig falsch ist. Nun sind aber nicht alle Seienden möglich, sondern es muss Etwas Notwendiges in der Wirklichkeit geben.

Omne autem necessarium vel habet causam suae necessitatis aliunde, vel non habet. Non est autem possibile quod procedatur in infinitum in necessariis quae habent causam suae necessitatis, sicut nec in causis efficientibus, ut probatum est.

Alles Notwendige aber besitzt die Ursache für seine Notwendigkeit von irgendwo anders her oder nicht. Es ist aber nicht möglich, dass man ins Unendliche fortschreitet mit den notwendigen Dingen, die eine Ursache für ihre Notwendigkeit besitzen, genauswenig wie bei den Wirkursachen, wie gezeigt worden ist.

Ergo necesse est ponere aliquid quod sit per se necessarium, non habens causam necessitatis aliunde, sed quod est causa necessitatis aliis, quod omnes dicunt Deum.

Also ist es notwendig, etwas anzunehmen, das durch sich notwendig ist und den Grund für seine Notwendigkeit nicht von irgendwo anders her hat, sondern was für die Anderen die Ursache ihrer Notwendigkeit ist, was alle Gott nennen.

Quarta via sumitur ex gradibus qui in rebus inveniuntur. Invenitur enim in rebus aliquid magis et minus bonum, et verum, et nobile, et sic de aliis huiusmodi. Sed magis et minus dicuntur de diversis secundum quod appropinquant diversimode ad aliquid quod maxime est, sicut magis calidum est, quod magis appropinquat maxime calido. Est igitur aliquid quod est verissimum, et optimum, et nobilissimum, et per consequens maxime ens, nam quae sunt maxime vera, sunt maxime entia, ut dicitur II Metaphys.

Der vierte Weg geht aus von den Stufen, die wir in der Wirklichkeit vorfinden. Wir finden nämlich in der Wirklichkeit etwas mehr und weniger Gutes vor, und etwas mehr oder weniger Wahres und Edles, und ebenso auch bezüglich anderer derartiger Dinge. Aber mehr oder weniger sagt man von verschiedenen Dingen aus, insofern sie sich auf unterschiedliche Weise etwas annähern, das zuhöchst ist, so wie wärmer ist, was sich mehr dem Wärmsten annähert. Also gibt es etwas, das das Wahrste und Beste und Edelste und folglich das am meisten Seiende ist, denn das, was am wahrsten ist, ist am meisten seiend, wie es im zweiten Buch der Metaphysik (Met. II 1, 993b30) heißt.

Quod autem dicitur maxime tale in aliquo genere, est causa omnium quae sunt illius generis, sicut ignis, qui est maxime calidus, est causa omnium calidorum, ut in eodem libro dicitur.

Was aber in irgendeiner Gattung am meisten so beschaffen genannt wird, das ist die Ursache von allem, was in der Gattung ist; so wie das Feuer, das das Wärmste ist, die Ursache von allem Warmem ist, wie es in demselben Buch (Met. II 1, 993b25) heißt.

Ergo est aliquid quod omnibus entibus est causa esse, et bonitatis, et cuiuslibet perfectionis, et hoc dicimus Deum.

Also gibt es etwas, das die Ursache von allem Seienden ist und von allem Guten und jedweder anderen Vollkommenheit. Und das nennen wir Gott.

Quinta via sumitur ex gubernatione rerum. Videmus enim quod aliqua quae cognitione carent, scilicet corpora naturalia, operantur propter finem, quod apparet ex hoc quod semper aut frequentius eodem modo operantur, ut consequantur id quod est optimum; unde patet quod non a casu, sed ex intentione perveniunt ad finem.

Der fünfte Weg stammt von der Weltenlenkung. Wir sehen nämlich, dass etwas, was der Erkenntnis entbehrt, etwa die natürlichen Körper, tätig ist um eines Zieles willen, was dadurch deutlich wird, dass es stets oder zumeist auf dieselbe Weise tätig ist, sodass es das erreicht, was das Beste ist. Daraus ist ersichtlich, dass es nicht aus Zufall, sondern aus einer Absicht heraus an sein Ziel gelangt.

Ea autem quae non habent cognitionem, non tendunt in finem nisi directa ab aliquo cognoscente et intelligente, sicut sagitta a sagittante.

Das aber, was keine Erkenntnis besitzt, strebt nur nach einem Ziel, wenn es von irgendetwas Erkennendem und Verstehenden geleitet wird; so wie der Pfeil vom Bogenschützen.

Ergo est aliquid intelligens, a quo omnes res naturales ordinantur ad finem, et hoc dicimus Deum.

Also gibt es etwas Verstehendes, von dem alle natürlichen Dinge auf das Ziel hingeordnet werden. Und das nennen wir Gott.

Ad primum ergo dicendum quod, sicut dicit Augustinus in Enchiridio, Deus, cum sit summe bonus, nullo modo sineret aliquid mali esse in operibus suis, nisi esset adeo omnipotens et bonus, ut bene faceret etiam de malo. Hoc ergo ad infinitam Dei bonitatem pertinet, ut esse permittat mala, et ex eis eliciat bona.

Zu 1: Augustinus sagt im Enchiridion (enchir. II): Weil Gott am meisten gut ist, würde er auf keine Weise erlauben, dass etwas Schlechtes in seinen Werken ist, es sei denn, er wäre so allmächtig und gut, dass er das Gute auch aus etwas Schlechtem machen könnte. Das gehört also zur Unendlichen Gutheit Gottes, dass er Schlechtes erlaubt und daraus das Gute hervorlockt.

Ad secundum dicendum quod, cum natura propter determinatum finem operetur ex directione alicuius superioris agentis, necesse est ea quae a natura fiunt, etiam in Deum reducere, sicut in primam causam. Similiter etiam quae ex proposito fiunt, oportet reducere in aliquam altiorem causam, quae non sit ratio et voluntas humana, quia haec mutabilia sunt et defectibilia; oportet autem omnia mobilia et deficere possibilia reduci in aliquod primum principium immobile et per se necessarium, sicut ostensum est.

Zu 2: Weil die Natur um eines festgesetzten Zieles willen tätig ist aufgrund der Lenkung eines höheren Tätigen, ist es notwendig, das, was von Natur aus geschieht, auch auf Gott zurückzuführen, so wie auf die erste Ursache. Ebenso auch muss das, was von einem Vorsatz her geschieht, auf eine höhere Ursache zurückgeführt werden, die nicht die Vernunft und der menschliche Wille ist, denn diese sind fehleranfällig. Aber alles Bewegliche und Fehleranfällige muss auf ein erstes Unbewegliches und von sich aus notwendiges Prinzip zurückgeführt werden, was aufgezeigt wurde.

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